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Antrag / Anfrage / Rede

Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) – Beteiligung der Kommunen gemäß § 10 Abs.1 Raumordnungsgesetz

Sehr geehrter Herr Landrat,

die Kommunen haben die Gelegenheit erhalten, zum überarbeiteten LEP bis zum 21.09.2012 Stellung zu nehmen. Bis dahin halte ich – wie auch andere Entscheidungsträger - eine qualifizierte Stellungnahme des Landkreises nicht mehr für möglich. Gerade weil das LEP für die regionale Entwicklung unserer Region in den nächsten Jahrzehnten eine maßgebliche Rolle spielen wird, ist aber eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Entwurf und eine Behandlung in den Gremien geboten.

Ich stelle daher den

A n t r a g

bei der Staatsregierung die Verlängerung der Beteiligungfrist bis zum 31.10.2012 zu beantragen. An mehreren Stellen des LEP-Entwurfs sehe ich außerdem Verbesserungsbedarf und stelle den weiteren



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A n t r a g

die nachstehenden Vorschläge in die Stellungnahme des Landkreises Haßberge aufzunehmen.



1. Antrag zur Änderung des „Leitbild“


Im Leitbild auf S. 5 der Vorlage soll der erste Satz des Punktes „Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen“ wie folgt umformuliert werden:


Wir werden unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten und uns dabei an den Empfehlungen des Weltklimarates IPCC orientieren!“


Begründung:

Die bisherige Formulierung  „Wir wollen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.“ ist zu schwach und undefiniert. Eine solche Aussage wird der Dramatik des Problems nicht gerecht.

 


2.  Anträge zu einzelnen „Grundsätzen“ und  „Zielen“

zu 1.1.2 Nachhaltige Raumentwicklung

Den hier getroffenen Festlegungen ist eine vierte als Ziel anzufügen:


(Z) „Die Bürger sind bei allen wesentlichen Entscheidungen zur räumlichen Entwicklung frühzeitig zu informieren und wirksam zu beteiligen.“


Begründung:

Dieses Ziel ist bisher schon im LEP enthalten (vgl. LEP 2006 Ziel A II 2.1.1.). 

Die frühzeitige Beteiligung der Bürger an allen wesentlichen Entwicklungsprozessen gehört zum Standard-Bekenntnis aller politischen Entscheider. Erfahrungen der letzten Zeit mit Großprojekten haben zu einer Verstärkung dieser Aussagen geführt. Es ist nicht verständlich, dass eine solche Festlegung jetzt aus dem LEP genommen wird.


zu 1.3.1 Klimaschutz


Der unter 1.3.1. angeführte „Grundsatz“ ist wie folgt zu einem „Ziel“ umzuformulieren:


(Z) „Den Anforderungen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, insbesondere durch

  • die Reduzierung des Energieverbrauchs mittels einer integrierten Siedlungs- und Verkehrsentwicklung

  • die verstärkte Erschließung und Nutzung erneuerbarer Energien sowie

  • den Erhalt und die Schaffung natürlicher Speichermöglichkeiten für Kohlendioxid und andere Treibhausgase.

 


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Begründung:

In der Sprache des LEP sind „Grundsätze“ weniger schwerwiegende Vorgaben als „Ziele“. Grundsätze sind „bei Abwägungs- und Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen“. „Ziele“ hingegen sind als rechtsverbindliche Vorgaben zu beachten. Der Klimaschutz ist eine der zentralen Fragestellungen unserer Zeit. Deshalb sollte hier unbedingt ein verbindliches „Ziel“ der Landesentwicklung formuliert werden. Die Formulierung eines Grundsatzes ist zu schwach.


zu 3.1. Flächensparen 


Der angeführte „Grundsatz“ ist wie folgt zu einem „Ziel“ umzuformulieren:


(Z) Die Ausweisung von Bauflächen ist an einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung unter besonderer Berücksichtigung des demographischen Wandels und seiner Folgen auszurichten.


Begründung:

Der Flächenverbrauch ist im Freistaat Bayern seit langem immens hoch. Mehrmals haben Staatsregierung und kommunale Spitzenverbände über diese Tatsache ihre Sorgen geäußert. Es ist jetzt an der Zeit, hier ein klares Ziel der Landesentwicklung festzulegen.


zu 3.3. Vermeidung der Zersiedelung


Der unter 3.3. angeführte „Grundsatz“ ist wie folgt zu einem „Ziel“ umzuformulieren:


(Z) Eine Zersiedlung der Landschaft und eine ungegliederte, insbesondere bandartige Siedlungsstruktur, ist zu vermeiden.


Begründung:

Die ungegliederte Zersiedelung der Landschaft ist eine der großen Gefahren für den Erhalt großer, zusammenhängender und naturnaher Lebensräume. Deren Schutz ist unverzichtbar. Außerdem stellt die Zersiedelung eine ökonomische Belastung dar, weil große Versorgungsnetze gebaut und erhalten werden müssen.


zu 4.3.1. Leistungsfähiges Schienennetz


Der unter 4.3.1. angeführte „Grundsatz“ ist wie folgt zu einem „Ziel“ umzuformulieren:


(Z) Das Schienennetz ist zu erhalten und bedarfsgerecht zu ergänzen.


Begründung:

Das LEP sollte eine klare Festlegung für den Erhalt und den Ausbau des Schienennetzes enthalten, weil das noch verbliebene Schienennetz wirklich unverzichtbar für eine ökologisch und sozial verantwortbare Mobilität ist.


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zu 4.5.1 Verkehrsflughafen München


Die unter 4.5.1. (Verkehrsflughafen München) festgelegten zwei Ziele (Bau einer dritten Start- und Landebahn sowie Festlegung eines Vorranggebietes) sollen gestrichen werden.


Begründung:

Für die Bewohner des ländlichen Raumes ist die Förderung des Luftverkehrs im Ballungsraum München mit seiner Sogwirkung auf die Bevölkerungsentwicklung und seiner Bindung von Investitionsmitteln zudem unverständlich – vor allem weil im neuen LEP der Demographie- und Wanderungs-Aspekt zu einem besonderen Schwerpunkt erklärt wird.

Auch nach dem Bürgerentscheid in der Landeshauptstadt  ist die Aufnahme dieser im bisherigen LEP nicht enthaltenen Ziele unverständlich. Unabhängig davon stellen diese Ziele einen Angriff auf den Klimaschutz dar, weil der Luftverkehr nachweislich eine besonders klimaschädliche Form der Mobilität ist, die unter Gemeinwohlaspekten nicht auszuweiten sondern eher zu reduzieren ist.

 


zu 4.5.2 / 4.5.3 / 4.5.4 Flughäfen Nürnberg, Memmingen, Oberpfaffenhofen


Diese Festlegungen sind ersatzlos zu streichen.


Begründung:

Das neue LEP verzichtet (im Gegensatz zum alten LEP) auf detaillierte Aussagen zu einzelnen Aspekten der Infrastruktur wie z.B. zu Entwicklungsachsen. Es ist nicht zu verstehen, warum dieses neue Konzept bei den Regionalflughäfen aufgegeben wird. 


zu 6.1 Energieversorgung


Die beiden unter 6.1. angeführten „Grundsätze“ sind wie folgt zu „Zielen“ umzuformulieren:


(Z) Die Energieversorgung ist durch Umbau und Dezentralisierung der Energieinfrastruktur sowie durch die Realisierung aller zur Verfügung stehenden Einsparungsmöglichkeiten (Effizienz und Suffizienz) sicherzustellen.

(Z) Erneuerbare Energien sind verstärkt zu erschließen und zu nutzen.


Begründung:

Die Umformulierungen entsprechen eher den Erfordernissen der im politischen Konsens ausgerufenen Energiewende.

zu 7.1.6 Erhalt der Arten- und Lebensraumvielfalt, Biotopverbundsystem


Der unter 7.1.6. angeführte „Grundsatz“ ist wie folgt zu einem „Ziel“ umzuformulieren:


(Z) Lebensräume für wildlebende Arten sind zu sichern und zu entwickeln.Die Wanderkorridore wildlebender Arten zu Land, zu Wasser und in der Luft sind zu erhalten bzw. wieder herzustellen.


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Begründung:

Es ist eine ethische Verpflichtung, die ohnehin erheblich dezimierten Lebensräume und Wanderkorridore zu sichern, zu erhalten und wieder herzustellen.



zu 7.2.4 Hochwasserschutz


Der unter 7.2.4. angeführte „Grundsatz“ ist wie folgt zu einem „Ziel“ umzuformulieren:


(Z) Die Risiken durch Hochwasser sind so weit als möglich zu verringern. Hierzu müssen

- die natürlichen Rückhalte- und Speicherfähigkeit der Landschaft erhalten und verbessert,

- Rückhalteräume an Gewässern freigehalten sowie

- Siedlungen vor einem hundertjährlichen Hochwasser geschützt

werden.


Begründung:

Der Hochwasserschutz ist für die Bevölkerung eines der wichtigsten Vorsorgeziele. Eine Feststellung lediglich mit Grundsatzcharakter reicht hier nicht aus.


zu 8.1 Soziales


Die im bisherigen LEP enthaltenen und im Entwurf leider gestrichenen Festsetzungen der Landesplanung zur Jugendarbeit und zwar

  • Erhaltung und Weiterentwicklung des Netzes der Einrichtungen und Dienste der Jugendarbeit (LEP 2006 B III 2.1.1),

  • Angebot an Jugendfreizeitstätten (LEP 2006 B III 2.1.1.1) und an Jugendherbergen/Jugendgästehäusern (LEP 2006 B III 2.1.1.2),

  • Jugendräume und Jugendtreffs in allen Gemeinden (LEP 2006 B III 2.1.1.1),

  • Verbesserung der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule (LEP 2006 B III 2.1.4)

sollen in Zusammenarbeit mit den Jugendverbänden bedarfsgerecht neu formuliert und in der Substanz erhalten bleiben.

 

Begründung:

Ein auf Zukunft angelegtes Konzept wie das Landesentwicklungsprogramm sollte auf Aussagen zur Jugendarbeit nicht verzichten. Die bisherigen Festlegungen waren sinnvoll und können keineswegs als hinreichend erfüllt  angesehen werden.


Mit freundlichen Grüßen

 

Kreisrat Klemens Albert
Kreisrat Rainer Baumgärtner

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