Aktion / Bericht
Können wir noch gemeinsam?
Demokratie in Krisenzeiten
Foto: Thomas Ort
"Können wir noch gemeinsam? - Populismus, Pauschalierung, Polarisierung -
Demokratie in Krisenzeiten“ so lautete das Thema des Festvortrages von Bernhard Suttner in Würzburg, zu dem auch eine Abordnung des ÖDP Kreisverbandes Haßberge mit dem Zug gefahren ist.
Der ÖDP-Landesbeauftragte für Grundsatzfragen ging dabei näher auf die og. Schlagworte ein.
Polarisierung
Zunächst, so Suttner, darf es in einer Demokratie Pole geben. Politische Diskussionen können für Lösungsfindungen sehr hilfreich sein. Wenn wir aber z. B. an den Nord- und Südpol denken, wird schnell klar, dass dies keine angenehmen Orte sind, an denen man länger verbleiben möchte. Was Pole angeht, sollten wir uns also informieren und wieder zurück in die Mitte kommen. Es gibt jedoch auch Pole, die unverhandelbar sind, wie z. B. den Föderalismus, den Rechts- und Sozialstaat und das Grundgesetz.
Populismus
In der Regel gehören Politiker zur Elite, sind gebildet und wissen, dass die meisten Probleme sehr vielschichtig sind und man differenzieren muss. Populismus ist dagegen eine unzulässige Vereinfachung. Populisten halten das Volk für dumm und ihr Lieblingsort ist das Bierzelt, wo gerne lautstark über den politischen Gegner hergezogen wird. Benötigt wird jedoch eine einfache Sprache ohne Verfälschung der Realität.
Pauschalierung
Es wird immer ein Sündiger gesucht. „Das ist schuld“, oder „die ist schuld“, denken wir beispielsweise an den Satz „Merkel muss weg!“, oder an ein aktuelles Bundestags-Wahlplakat mit dem Slogan „Krieg oder Frieden“. Doch so einfach ist es nicht. Bei Pauschalierungen wird die eigene Zielgruppe freigesprochen und es gibt „Wir“ und „die Anderen“. Selbst ist man an nichts schuld, nur die Anderen, die „uns“ was wegnehmen wollen und „uns“ den Spaß nicht gönnen. Z. B. Veggieday, Tempolimit oder Verbrenneraus. Die nötige Transformation zu einem guten Leben ist zweifelsohne mit zunächst schmerzlichen Eingriffen verbunden, jedoch erhalten wir dafür letztlich ein gutes Leben. Diese Transformation könne man ruhig mit einer Zahnbehandlung vergleichen. Der jetzige Zustand tut weh, weshalb eine Behandlung nötig ist, die zwar schmerzhaft ist, doch letztlich zum Guten führt.
Abschließend warnte Suttner eindringlich vor der AfD, die ein Paradebeispiel für Polarisierung, Populismus und Pauschalierung sei.
Er machte auf eine ebenso dreiste wie gefährliche Passage im aktuellen Wahlprogramm der AfD aufmerksam. Dort wird die „deutsche Leitkultur, die uns von anderen unterscheidet“ als „Fundament des Grundgesetzes“ bezeichnet. Suttner diagnostizierte diese Passage als „unverhohlenen Anschlag auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung.“
Die Mütter und Väter des Grundgesetzes hätten nach der bitteren Erfahrung des Menschheitsverbrechens Holocaust und des deutschen Vernichtungskrieges gegen die östlichen Nachbarn strikt darauf geachtet, das Grundgesetz universalistisch zu gründen und jeden völkisch-nationalistischen Ansatz im Keim zu ersticken. Wenn die AfD jetzt frech behauptet, dass etwas, was "uns von anderen unterscheidet“ das Fundament des Grundgesetzes sei, dann wisse wohl endgültig jede und jeder, „wohin die Reise gehen soll – zurück in die unseligen 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts!“
Die Bundesrepublik habe sich in den vergangenen 75 Jahren erfolgreich in die menschenrechtsorientierte Staatengemeinschaft integriert und „stets gesucht und verstärkt, was uns mit anderen verbindet“ sagte Suttner. Die AfD wolle jetzt den Kurs ändern und Deutschland „entweder in die Isolation führen oder an Mächte binden, die sich um Menschenrechte nichts scheren.“