Antrag / Anfrage / Rede
Resolution gegen Atomstromimporte
Sehr geehrter Herr Landrat Wilhelm Schneider,
den folgenden Antrag bitte ich dem zuständigen Gremium zur Beratung und Beschlussfassung
vorzulegen,
Antrag:
Der Kreistag des Landkreises Haßberge verabschiedet eine Resolution gegen den
Ausbau bzw. Zukauf weiteren Atomenergie aus Nachbarländern und setzt sich stattdessen
für die konsequente Weiterentwicklung der Nutzung der erneuerbaren Energien ein.
Der Kreistag richtet folgende Resolution an die Bayerische Staatsregierung:
Der Landkreis Haßberge appelliert an die Bayerische Staatsregierung, keine Ausweitung der
Stromlieferungen aus tschechischen Atomkraftwerken, entsprechende Liefervereinbarungen
oder Beteiligungen an der Atomstromproduktion in Tschechien anzustreben.
Ein solches Vorgehen würde den Bau neuer Atomkraftwerke in Tschechien begünstigen und
geradezu herausfordern.
Der Landkreis verweist darauf, dass eine Atomkatastrophe in Tschechien den Betrieb mehrerer
Einrichtungen, wie zum Beispiel
- Kreiskrankenhäuser
- Versorgungsbetriebe für Wasser und Elektrizität
- weiterführende Schulen in der Sachaufwandsträgerschaft der Kreisgebietskörperschaften
- und andere Einrichtungen
gefährden oder unmöglich machen könnte.
Hieraus erwächst dem Landkreis eine Befassungskompetenz.
Der Kreistag schließt sich daher dem vom niederbayerischen Bezirkstag beschlossenen Appell
an die Staatsregierung an.
Begründung des Antrages
Zunächst wird zur Frage der Befassungskompetenz des Bezirkstags auf die Stellungnahme des
Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 29.12.2010 verwiesen, die der Bezirksverwalt-
ung Niederbayern vorliegt. Danach steht dem Bezirk im Rahmen des Selbstverwaltungsrechtes
zwar ein kommunalpolitisches, aber kein allgemeinpolitisches Mandat zu. Resolutionen sind aber
dennoch zulässig, wenn sie sich im Rahmen der bezirklichen Aufgaben und Zuständigkeiten
bewegen und einen spezifischen Ortsbezug zum Bezirksgebiet aufweisen. Dies gilt in analoger
Anwendung auch für die Befassungskompetenz der Kreisgebietskörperschaften.
Da es in der vorliegenden Resolution konkret um den Betrieb grenznaher Atomkraftwerke geht,
die im Fall einer Reaktorkatastrophe oder eines militärischen Zwischenfalls den Betrieb von
Einrichtungen der kreisfreien Städte und Landkreise, wie zum Beispiel Kreiskrankenhäuser,
beträchtlich stören bis unmöglich machen, darf sich der Kreistag mit dem vorliegenden Antrag
befassen.
Der niederbayerische Bezirkstag hat den ersten Absatz der oben genannten Resolution in
seiner Sitzung vom 18.03.2025 in Straubing mit 16 zu 7 Stimmen beschlossen. Schon vor
rund 13 Jahren hat der niederbayerische Bezirkstag nach der Atomkatastrophe von Fukushima
eine ähnliche Resolution verabschiedet.
Die Atomkatastrophe vor 14 Jahren hat „eine Neubewertung der Risiken erfordert, die mit
dem Betrieb von Atomkraftwerken verbunden sind“, hieß es damals in den niederbayerischen
Sitzungsunterlagen.
An dieser neuen Bewertung hat sich auch durch den völkerrechtswidrigen Überfall Russlands
auf die Ukraine nichts geändert. Die Atomkraftnutzung ist keinen Tag länger zu verantworten.
Aus den in der Resolution dargelegten Gründen ist „mehr Offenheit für Erneuerbare Energien“
(Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich) notwendig.
Der niederbayerische Bezirkstagspräsident wird in den Medien wie folgt zitiert: „Ich glaube,
wir brauchen dezentrale Versorgung, wir brauchen viele kleine Mosaiksteine, die eine
zukünftige Energieversorgung sicherstellen. Auf Atomkraft und auf Neubauten von Atom-
kraftwerken würde ich nicht setzen." Er sei überzeugt, dass jede Energie, die Abhängigkeit
schafft, ob Atom, Öl oder Gas, langfristig für den Standort weniger bringt als eine möglichst
unabhängige, dezentrale Versorgung. „Wenn hoch subventionierte Atomkraftwerke gebaut
würden, wäre der Strom für unsere Gesellschaft insgesamt deutlich teurer als wenn wir auf
nachwachsende Rohstoffe, Wasser, Wind und Sonne setzen und das Thema Speicherung
mitdenken“, so der niederbayerische Bezirkstagspräsident.
Dieser Darstellung des niederbayerischen Bezirkstagspräsidenten sollten wir uns als Landkreis
anschließen, gerade auch weil wir uns über alle Fraktionen hinweg zum Ziel gesetzt haben, in
wenigen Jahren 100% der Energie aus erneuerbaren Quellen zu decken. Somit decken sich die
Argumente des Bezirkspräsidenten mit unseren Zielvorgaben.
Die Staatsregierung muss vielmehr die Landkreise unterstützen und den Ausbau der Netze und
Speicher voranbringen!
Wenn dies nicht geschieht, sondern wir wieder in alte Energieerzeugungsstrukturen einsteigen,
dann bremsen wir die erneuerbaren Energien aus und gefährden auch noch die von uns bereits
getätigten Investitionen in jenem Bereich.
Als ÖDP – Fraktion im Landkreis Haßberge stehen wir zum Beschluss „Umstieg auf 100 %
Erneuerbare Energien“ im Landkreis Haßberge und vertreten die Auffassung, dass sich der
gesamte Kreistag entsprechend klar gegen die Atomstrom-Importpläne von Ministerpräsident
Söder positionieren sollte.
Im Falle einer Reaktorkatastrophe in Tschechien macht die radioaktive Strahlung nicht in
Niederbayern halt, sondern gefährdet auch die anderen bayerischen Regionen.
Das ist seit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl auch uns im Landkreis Haßberge bekannt!
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Baumgärtner
ÖDP - Fraktionsvorsitzender Kreisrat
Quellen:
www.br.de/nachrichten/bayern/csu-bezirkstagspraesident-will-kein-comeback-der-atomenergie,UVzuyKj