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Pressemitteilung

ÖDP-Kandidat Raimund Binder: Lösungsvorschläge im Pflegebereich

Fotograf: Thomas Ort

„Wenn man in eine Situation der Schwäche hineingerät, und das ist nicht nur auf das Alter beschränkt, dann benötigt man Pflege. Doch wer kann diese in Zukunft noch leisten oder gar garantieren?“ Mit dieser Frage eröffnete Stefan Zettelmeier, Kreisrat und  Vorsitzender der Haßberg-ÖDP den gut besuchten Vortrags- und Diskussionsabend in Sand.
Der Referent des Abends war Raimund Binder. Er ist gelernter Krankenpfleger und ist inzwischen komplett in der Seniorenpflege tätig. Hier im Landkreis hat er das AWO-Seniorenzentrum in Knetzgau aufgebaut und leitet nun eine solche Einrichtung der AWO in Würzburg. Zuerst erläuterte er den Ist-Stand der Betreuungsversorgung in Bezug auf Krankenhäuser, Arztpraxen, Ambulante Pflege, Tagespflege, Kurzzeitpflege und Langzeitpflege. Der 58-jährige stellte fest: Wir sind eigentlich schon mittendrin, in der Krise der Pflege. Viele von Konzernen geführte private Einrichtungen gehen insolvent; die von  Wohlfahrtsverbänden getragenen Einrichtungen bleiben und sind längst an ihrer Belastungsgrenze. Personal fehlt an allen Ecken und Enden. Die Werbung für ausländisches Personal ist gut. Aber sie wird den ländlichen Gebieten nichts nutzen, denn die angeworbenen Arbeitskräfte wollen fast ausschließlich in die Städte ziehen. Doch obwohl im ländlichen Raum noch sehr viel zu Hause gepflegt wird, steigt der Bedarf drastisch an. „Allein sieben verzweifelte Menschen waren heute bei mir am Telefon“  unterstrich die Leiterin der AWO Knetzgau, die als Teilnehmerin gekommen war, Binders Ausführungen. 

Der Referent zeigte sieben Stellschrauben, die zur Lösung beitragen könnten. Sie werden nicht das Gesamtproblem lösen, dazu ist die Sache zu komplex, aber sie würden die aktuelle Situation immens erleichtern.
1. Mehr alternative Wohnformen schaffen. Ambulante Wohngemeinschaften ermöglichen maximale Privatheit für die Betroffenen, böten Gemeinschaft mit Anderen und schaffen viel Potential für Quereinsteiger und Ehrenamtliche aus dem nicht pflegerischen Bereich. Nötig wäre dazu ein gutes Konzept und ein kompetentes Management.
2. Entbürokratisierung. Damit das Pflegepersonal einer betreuten Person die Brille putzen darf, braucht es eine Vorausgenehmigung und eine Dokumentation im Nachhinein. Ebenso darf keine Pflegerin, ohne dass eine vorher eingeholte ärztliche Verordnung vorliegt, den Blutdruck messen. Wenn das Drumherum mehr Arbeit und Nerven kostet, als der Vorgang selbst, muss eine Alternative gefunden und erlaubt werden.
3. Heimärzte statt Hausärzte. Die Einrichtungen müssen sich mit bis zu 100 verschiedenen Ärzten abstimmen, um mit ihren Patienten umgehen zu können. Ein oder zwei Ärzte, die im Heim anwesend wären, oder zumindest ins Haus kommen, würden dem Pflegepersonal immense Erleichterung bringen. Tausende Telefonate und die komplexe Transportproblematik u.ä. würden wegfallen.
4. Das Hilfsmittel-Drama eindämmen. Mit vielen Krankenkassen und noch mehr Hilfsmittel-Lieferanten hat jedes Haus wöchentlich zu tun. Diese Aufsplitterung zu minimieren wäre ein Segen.
5. Wertschätzung und Entlohnung. Das Pflegepersonal verdient laut Lohntabelle nicht schlecht. Am Geld liegt es in der Regel nicht. Aber eine konsequente Fünf-Tage-Woche, verbindliche Zusagen bezüglich der Arbeits- und Urlaubszeiten, ein Eindämmen des „Einspringen-Müssens“ auf ein Mindestmaß und Wertschätzung der Arbeit würden dem „Verheizen“ des bestehenden Personals entgegen wirken. Nach Binders Meinung geht das allerdings nur, wenn Einrichtungen den Mut haben, auch Betten zu reduzieren oder Abteilungen zu schließen.
6. Mehr Personal. Für die Hauptproblematik des Personalmangels gibt es leider keine Patentlösung. Erreicht wurde schon etwas in der Verwaltung, in der Qualitätsbewertung. Als nächstes wäre der hauswirtschaftliche Bereich dringend nötig, da müsste der Personalschlüssel verändert werden. In den Städten und Kommunen müsste es einen einzigen Zuständigen für Pflege geben. Es geht nicht, dass man von Pontius zu Pilatus geschickt wird, um zum Beispiel eine Genehmigung einer Qualifikation, die in Baden Württemberg erworben worden ist, in Bayern anerkannt zu bekommen.
7. Den Trägern der Einrichtungen müssten regionale Antworten auf ihre Probleme erlaubt werden. Außerdem muss die Heimaufsicht von den Landkreisen auf die Bezirke übertragen werden.

All diese Lösungsimpulse fließen aus der Grundhaltung der ÖDP: „Mensch vor Profit“, fasste der Referent seinen Vortrag zusammen.  Nach einer regen Diskussion im Raum bedankte sich der ÖDP-Vorsitzende Stefan Zettelmeier bei Raimund Binder und er bedankte sich auch bei der Bezirkstags-Direktkandidatin Esther Wagenhäuser, die ebenfalls extra zu diesem Abend gekommen war.
 

Fotografin: Monika Schraut

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