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Pressemitteilung

Vortrag von Dr. Klaus Mandery: "Die Haßberge - (k)eine Heimat für Insekten?"

Anhand von eindrucksvollen Tierfotos und Schaubildern sensibilisierte Dr. Klaus Mandery die Zuhörer für Maßnahmen zu Fortbestand der Insekten.

Augsfeld - „Das Insektensterben ist Realität, und wir müssen daraus Lehren ziehen!“ So formulierte es der Referent und man könnte dies als Fazit aus einem Vortragsabend im Hotel Goger in Augsfeld ziehen. Das Aktionsbündnis Haßberge „Rettet die Bienen!“, das aus ÖDP, Grünen, Linken, SPD, Bund Naturschutz und den Imkern Haßfurt-Zeil besteht, hatte eingeladen. Dr. Klaus Mandery vom Institut für Biodiversitätsinformation e.V. Ebern und vom Bund Naturschutz referierte dazu.

Unter die Frage „Die Haßberge – (k)eine Heimat für Insekten?“ hatte er seine Informationen gestellt. Er beantwortete die Frage vorsichtig formulierend: „In den Haßbergen leben wir in einer relativ heilen Welt.“ Hier sei der Rückgang von Bienenarten noch nicht ganz so alarmierend wie in vielen anderen Landesteilen. Dabei ging es in erster Linie weniger um die Honigbienen als vielmehr um die Wildbienen, die grundsätzlich als geschützte Tiere gelten. Doch alle Bienen sind gefährdet. Dies sei, so Mandery, auch ein Berechtigungsgrund für das in dieser Woche anlaufende Volksbegehren.

Zunächst stellte der exzellente Bienenexperte Mandery verschiedenste Wildbienenarten, die im Maintal existieren, vor, ihr Aussehen, ihre Lebensweise und Überlebensstrategien - und ihre Existenzbedrohungen. Er machte besonders deutlich, welch außerordentliche Leistungen die Bienen zusammen mit vielen anderen Insektenarten für die Menschen erbringen, allem voran durch ihre Bestäubungsleistung. Zusammen mit den Honigbienen bestäuben die Wildbienen etwa 80 % aller Obst- und Gemüsebestände. Diese Leistung sei bei einem Rückgang nicht ersetzbar, wirtschaftliche Verluste seien zu erwarten, Pflanzenarten würden aussterben.

Insekten erhalten das Ökosystem, sie sorgen für Schädlingskontrolle, regulieren Gewässerqualität und beeinflussen die Bodenfruchtbarkeit, so Mandery. Insekten stellen aber auch eine Nahrungsgrundlage dar für Vögel, Fledermäuse, Kleinsäuger, Fische und andere Insekten. Mit dem Rückgang der Insekten leide dies alles, gebe es beispielsweise auch weniger Vögel wie Schwalben, Kibitze, Rebhühner oder Braunkehlchen.

Ein erschreckender Rückgang der Fluginsekten sei zu beobachten, in 27 Jahren um 75 % bezogen auf die Biomasse der Insekten. Die Wildbienen seien hierbei eine herausragende Gruppe. Als Gründe hierfür nannte Dr. Mandery allem voran die stetige Intensivierung der Landwirtschaft, Flurbereinigung, Dünger- und Spritzmitteleinsatz und die Lebensraumverringerung etwa durch Versiegelung von Flächen. Doch gebe es auch bei zunehmend steigenden Temperaturen neben Klimaprofiteuren auch Klimaflüchter. Da die einzelnen Wildbienenarten in der Regel stark auf einzelne Pflanzen spezialisiert seien, würden sie beim Wegfall dieser Art auch schnell verschwinden.

Insektensterben heißt für den Biologen Dr. Mandery nichts anderes als Insektenvergiftung. Dies machte er deutlich am Beispiel der Neonikotinoide, die eine bis zu 10.000fache Wirksamkeit besitzen als das verpönte DDT. Es schädige den Orientierungssinn, schwäche das Immunsystem, senke die Fortpflanzungsfähigkeit, verkürze die Lebensdauer sei schwer abbaubar. Zwar seien einige Neonikotinoide in Deutschland verboten, doch immer noch eine ganze Reihe als Spritz- oder Beizmittel zugelassen.

Was kann man für den Erhalt der Insekten tun? Dr. Mandery machte deutlich, dass jeder im eigenen Garten anfangen könne durch das Anbringen von Insektennisthilfen oder das Ausbringen von Blumen und Gewächsen wie Glockenblumen, Hahnenfuß, Kornblumen, Klatschmohn, Stachelbeeren und viele mehr. „Sie werden mit ganz anderen Augen durch den Garten gehen. Sie werden begeistert sein von diesen Tieren!“ ereiferte sich der Referent.

Als seine Forderungen an die Politik nannte er einen Stopp der Einschränkung des Lebensraums der Insekten und Maßnahmen zu dessen Erhalt und Verbesserung durch naturverträgliche Landbewirtschaftung. Dafür sei eine Neuausrichtung der Agrarpolitik nötig mit einem Verzicht auf biodiversitätsgefährdenden Wirkstoffen wie Neonikotinoide und Glyphosat. Außerdem bekannte er sich zu den in dem Volksbegehren formulierten Forderungen. „Wir sind optimistisch, dass etwas zu ändern ist“ zeigte er sich zuversichtlich.

Stefan Zettelmeier, der Sprecher des Aktionsbündnisses Volksbegehren benannte die darin enthaltenen Forderungen. Es gehe im Wesentlichen um Vernetzung von Lebensräumen, Hecken und Bäume, kleine Gewässer, Gewässerrandstreifen, Ausbau der ökologischen Landwirtschaft, Anlegen von Blühwiesen und -streifen, Verzicht auf Pestizide auf kommunalen und staatlichen Flächen und um Aufnahme von Naturschutz in die Ausbildung von Land- und Forstwirten. Man sehe sich auf Seiten der Initiatoren des Volksbegehrens nicht als Gegner der Bauern, fordere vielmehr faire Bezahlung für deren Produkte und Leistungen für den Naturschutz.

Zettelmeier verwies darauf, dass ab Donnerstag, 31. Januar die Möglichkeit besteht, sich in den Rathäusern einzutragen. „Runter vom Sofa, rein ins Rathaus!“ appellierte er, denn eine Million Unterschriften seien nötig, eine hohe Hürde.

In einer sich anschließenden Diskussion bemängelten einige Zuhörer, darunter auch einige Biobauern, dass der Bauernverband und Landwirte teils mit Fehlinformationen Sturm laufen gegen das Volksbegehren. Der Bürgermeister von Haßfurt Günther Werner erklärte, dass die Stadt Haßfurt bereits im Sinne des Volksbegehrens auf Spritzmittel für die eigenen Flächen verzichte. Er wolle sich am Donnerstag in die Reihe der „Ersteintrager“ einordnen.

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