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Pressemitteilung

ÖDP-Stammtisch mit Syrien-Flüchtlingen

Knetzgau „Warum hast du deinen beiden Neffen geholfen, mit nach Deutschland zu kommen?“ wird Amer, ein syrischer Flüchtling gefragt. „Weil wir eine große Familie sind“ lautet seine Antwort. Und genau so begründete Dagmar Schnös das Engagement des Freundeskreises Asyl Knetzgau für Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern mit dem Bild von der großen Menschheitsfamilie.

Der ÖDP-Kreisverband Haßberge hatte zu seinem Stammtisch im Gasthaus „Drei Linden“ eingeladen, und es kamen auch zahlreiche Mitarbeiter und Flüchtlinge aus dem örtlichen Helferkreise und dem aus Rauhenebrach, darunter acht Syrer. Auf großes Interesse stieß, was diese authentisch zu berichten hatten über ihr Land, dessen Geographie, Kultur, Traditionen und Gepflogenheiten. Und große Betroffenheit erzeugte es zu erfahren, was der seit 2011 herrschende Krieg zum Negativen verändert hat.

Hatten bis dahin verschiedene ethnische Gruppen wie Syrer, Kurden oder Palästinenser und Religionsgemeinschaften gut zusammengelebt, so wurden seitdem über 260.000 Menschen getötet und neben Kulturdenkmälern, Wohngebäuden und Fabriken auch sehr viele Infrastruktureinrichtungen zerstört. Den Krieg zu erklären sei sehr kompliziert, berichteten sie, aber alle Lebensbereiche seien betroffen und die Lage werde ständig schlimmer.

Vielen jungen Männern stelle sich nur die Alternative, entweder für eine der kämpfenden Gruppierungen zwangsrekrutiert zu werden oder das Land zu verlassen, möglichst mit dem Ziel Europa, auch wenn es ein langer und gefährlicher Weg dorthin ist. Etwa 4 Millionen, also ein Fünftel der Bevölkerung sei weggegangen, zumeist in die Nachbarstaaten wie Türkei, Ägypten, Jordanien oder Iran.

Nach Deutschland zieht es sie, so die Sprecher der Flüchtlingsgruppen, weil sie hier die besten Zukunftschancen sehen wie wohlwollende Aufnahme, Studium, Unterkunft. In Syrien hatten sie als Rechtsanwalt, Goldschmied, Schneider, Informatiker oder als Architekturstudent gearbeitet. Sie seien sich durchaus bewusst, was die Zahl der Flüchtlinge für Deutschland bedeute, aber sie seien integrationswillig und wollen ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Und viele wollten ja gerne zurückkehren zu ihren Verwandten und ihren Erinnerungen – nicht aber in den Krieg, dem sie entflohen sind. Wer dabei „Feind“ ist, sei gar nicht klar, man wisse nicht, von wem man bombardiert oder beschossen wird. Gut sei es erst, wenn alle verfeindeten und kämpfenden Gruppen nicht mehr aktiv wären. Das aber könne noch lange dauern.

Breiten Raum nahmen für die Helfer Fragen ein, wie hier in Deutschland mit dem Umstand der vielen ankommenden Flüchtlingen umgegangen werden sollte, auch unter dem Hintergrund, dass die Stimmung zu kippen droht. Michael Gocht aus Theinheim, Mitarbeiter in der Rauhenebracher Helfergruppe vertrat die Überzeugung, dass es einerseits wichtig sei, als Helfer eine aufrechte Haltung als Gegenpol gegenüber der „rechten Ecke“ einzunehmen. Ganz wichtig sei aber auch, Integration zu ermöglichen über persönliche Beziehungen zwischen Einheimischen und ankommenden Flüchtlingen. Das nehme Anonymität und aus „dem Syrer“ werde dann der Amer, Osama, Achmed, Oman, Ymer oder Achon.

Wichtig sei nach Auskunft von Dagmar Schnös für die Integration auch, dass es klare Regelungen geben muss. Es dürfe in der Bevölkerung nicht das Gefühl aufkommen, den Flüchtlingen werde „alles nachgeschmissen“. Sie erhielten nicht mehr als ein Hartz-IV-Empfänger, und sie würden in die Organisation ihrer Unterbringung mit einbezogen.

Als vorbildlich wertete Dagmar Schnös die Tatsache im Landkreis Haßberge, dass unter 25-Jährige die Berufsschule besuchen dürfen, wo sie sich Wissen aneignen über das gesellschaftliche, kulturelle und berufliche Leben in Deutschland sowie über gesetzliche Regelungen hier. Beklagen musste sie allerdings, dass zwischen den einzelnen Helferkreisen in den verschiedenen Orten keine Vernetzung besteht. Und belastet würde das hohe ehrenamtliche Engagement durch eine frustrierende Bürokratie. „Wir wissen, dass helfen weh tut, aber dass man dabei so wütend werden kann…“ gab sich die Freundeskreisleiterin kämpferisch.

Thomas Ort, der als stellvertretender Kreisvorsitzender der ÖDP den Abend moderiert hatte, bedankte sich beim Freundeskreis Asyl mit ihrer Sprecherin Dagmar Schnös für die spontane Bereitschaft, den Begegnungsabend mitzugestalten. „Es war ein beeindruckender, berührender Begegnungsabend, wir gehen bereichert heim“, lobte er, und Dagmar Schnös fügte an, dass sie sich durch die Arbeit für die Flüchtlinge bereichert fühle, weil es für sie eine Chance sei sich zu öffnen und neu hinzuschauen.



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